Den Sonntagsbraten in seiner ursprünglichen Form gibt es leider nicht mehr. Das ist ausgesprochen schade! Allein das Wort “Sonntagsbraten” verdeutlicht die Wertschätzung für das Produkt, zumindest zu Zeiten, als es den “Sonntagsbraten” noch gab. Aber da gab es auch noch den Sonntag. Heute ist jeden Tag Alltag, oder, was schlimmer ist, vielleicht jeden Tag Sonntag? Auch, wenn die Regeln aufweichen: hier mein Sonntagsbraten, gewidmet dem Blogevent “Rettet den Sonntagsbraten” vom Blog “Kleiner Kuriositätenladen“.
Wichtig bei diesem Blogevent ist, neben dem Rezept über die Herkunft des Fleisches zu berichten. Und an dieser Stelle muss ich eine Lanze brechen für Fleisch aus konventioneller Tierhaltung!
Ich habe in meinem Leben viel Biofleisch (vorrangig vom Angler Sattelschwein) gekauft und verarbeitet. Und ich habe nicht nur gute Erfahrungen gesammelt. Wenn der Biobauer mir vom Angler Sattelschwein, dessen Fleisch eher als fettreich gilt, kein Fleisch mehr liefern kann, das auch nur annähernd genügend Fett hat, um daraus Wurst herstellen zu können, dann stimmt in meinen Augen irgendetwas nicht. Ich habe die böse Vermutung, dass dieser Bauer Kunden für sein Fleisch hat, die unter Fettphobie leiden und in ihrem tiefsten Inneren sowieso kein Fleisch essen möchten.
Aber wir leben auf dem Land. Und ich kenne den Schlachter meines Vertrauens. Und ich kenne den Bauern, von dem er seine konventionell gehaltenen Schweine bezieht. Kleiner Betrieb, ganze 4 km von der Schlachterei entfernt. Und der Schlachter kennt den Bauern. Und er sucht sich die Schweine, die er haben möchte vor Ort selber aus. Und die Schweine werden stattliche 9 Monate alt, und damit genauso alt wie die Bio-Sattelschweine. Und der Bauer liefert sie persönlich beim Schlachter ab… Ich habe dabei ein sehr gutes Gefühl! Hier kann ich mir den Nacken aussuchen, den ich haben möchte, den Bauch, die Unterschale für meine Schinken… Hier bekomme ich Schweinenetze, Innereien, eben alles, worüber man mit dem Schlachter mal ein Wort wechseln muss, Tipps für die Verarbeitung eingeschlossen! Der Schlachter muss sich mit seinem Angebot deutlich und für jeden sofort erkennbar von dem des Supermarktes abheben, sonst hat er verloren. In der Regel mit Fleisch aus konventioneller Haltung. Hohe Qualität, aber ohne Zertifikat.
Nun zum Braten. Schweinebraten mit Senf und mit Estrgon aus dem Garten. Food-Pairing: Senf und Estragon, allen bekannt, oder? Dazu Spargel. Der wächst auch auf 54°48′ nördlicher Breite. Frühkartoffeln nicht so. Da bevorzugen wir noch die Kartoffeln vom Vorjahr.
Mit dem Braten ist das ganz einfach. Für 4 Personen braucht man zwischen 1 und 1,5 kg Schweinenacken ohne Knochen. Der wird gesalzen, in Butterschmalz (selbstgemacht!) angebraten, gepfeffert, noch ein paarmal im Bratfett gewendet und aus dem Bräter genommen. Dann wird er rundum mit Senf bestrichen. Zum Beispiel von Zwergenwiese, gleich um die Ecke. Zurück in den Bräter, ein paar Estrgonzweige dazu, etwas Wasser angießen und bei 170° ca. 2 Stunden schmoren.
Den fertigen Braten aus dem Bräter nehmen, warm stellen, die Estragonzweige entsorgen. Für die Soße Sahne angießen, einkochen lassen; die Soße mit etwas Speisestärke binden. Jetzt noch eine Hand voll frisch gehackte Estrgonblätter zugeben, kurz aufkochen, abschmecken, Braten schneiden, Soße dazu: Fertig!
Die Kombination mit dem frischen Spargel ist schon genial. Und der beste Wein zum Schwein ist immer noch ein trockener Gewürztraminer. Wir hatten einen von der Freyburger Winzergenossenschaft. ALLERBESTER KRAM!
Wie eingangs erwähnt, ist dies ein Beitrag zu dem Dauerevent “Rettet den Sonntagsbraten” im Kleinen Kuriositätenladen.