Wer kennt windgeschälte Graupen? Keiner? Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass auch ich bis vor Kurzem nichts darüber wusste. Dabei steht “Hoffnung”, die einzige Windmühle Deutschlands, in der Graupen geschält werden, gerade mal 5 km entfernt in Munkbrarup. Sie ist eine von drei voll funktionsfähigen Windmühlen in der näheren Umgebung: Die Mühle “Fortuna” in Unewatter Landschaftsmuseum ist funktionstüchtig, als Museumsmühle aber nicht in Betrieb. In der Schwensbyer Mühle “Renata” arbeiten gleich zwei Müller. Hier wird Backgetreide geschrotet, und es wird Tierfutter produziert. Wer gentechnikfreies Hühnerfutter sucht, ist hier an der richtigen Adresse. Und dann gibt es noch die Mühle “Hoffnung” in Munkbrarup mit besagten Graupen.
Das Schälen der Graupen ist eine anspruchsvolle Angelegenheit. Es wird extrem viel und gleichmäßiger Wind benötigt. Selbst hier oben an der Küste herrschen nur an wenigen Tagen im Jahr die erforderlichen Bedingungen. Dabei ist das Schälen mit Windkraft eine sehr schonende Methode, bei der nur die harte (und letzlich ungenießbare) äußere Schale des Korns entfernt wird und der Mehlkörper – anders als bei der Perlgraupe – voll erhalten bleibt. Das macht die windgeschälte Graupe ernährungsphysiologisch sehr wertvoll.
Und was macht man damit? Traditionell sind Graupen sättigende Einlage in Suppen und Eintöpfen. Gerade in Norddeutschland werden sie aber auch gesüßt in Nachspeisen eingesetzt, oder sie werden statt Reis in Salaten verwendet. “Graupotto” ist in meinen Augen ein Unwort, beschreibt aber ganz treffend eine weitere Verwendungsmöglichkeit. Ich hab’s noch nicht gemacht, aber bald…ich hab’ da schon eine Idee.
Heute aber erst mal wieder klassisch. Der Herbst, und damit die Eintopfzeit ist da! Eine Kindheitserinnerung ist die Westfälische Graupensuppe, wie mein Vater sie kochte. Es geht los!
Tafelspitz vom Dexter von der Husbyharde trifft auf geräucherte Schweinebacke aus eigener Herstellung!Dazu kommen eigentlich nur noch drei weitere Zutaten: Porree, Kartoffeln und: Graupen. Die Mengen sind ziemlich egal. Wir haben es hier mit gut 1 kg Fleisch zu tun, 800 g Porree, 400 g Kartoffeln und 200 g Graupen. Das sollen 6 handfeste Portionen werden.
Das Fleisch wird in einem passnden Topf knapp mit Salzwasser (9 g/l 😉 ) bedeckt und unter Zugabe von etwas Suppengrün bei kleiner Temperatur gegart. Währenddessen werden die Graupen in einem zweiten Topf, ebenfalls in Salzwasser (reichlich!), gegart. Das dauert ca. 30 Min. Man kann dann den Herd abschalten und die Graupen im Kochwasser bis zur weiteren Verwendung abkühlen lassen. Sie quellen dabei immer weiter, und das ist erwünscht. Wenn das Rindfleisch gar und schön weich ist, werden Tafelspitz und Schweinebacke aus dem Topf genommen. Die Brühe wird durch ein Sieb gegossen, und die geschälten und in Würfel geschnittenen Kartoffeln darin gegart. Nach der halben Garzeit kommt der geschnittene Porree hinzu. Der Tafelspitz wird von der Fettkante, die Schweinebacke von der Schwarte befreit. Es gibt eine Hardcore-Version: beides dranlassen! Das tue ich aber nicht 😉 . Beides in Würfel schneiden.
Wenn auch der Porree gar ist (ruhig noch bissfest), werden die Graupen mit Wasser gründlich abgespült und kommen zusammen mit dem Fleisch in den Topf. Aufkochen, bei Bedarf etwas Wasser zugeben und mit Salz abschmecken. Eigentlich ist die Suppe jetzt fertig.
Gut ist, wenn die Suppe ruhig schon einige Stunden vor dem Verzehr fertig ist. Wenn sie heiß auf dem Herd steht, quellen die Graupen immer weiter. Möglicherweise muss man etwas Wasser zugeben, damit die Suppe nicht zu dick wird.
So sieht sie am nächsten Tag aus. Der Porree hat seine frische Farbe verloren, die Graupen sind größer geworden und besser erkennbar. Und dann der Geschmack… ALLERBESTER KRAM!
REZEPT Westfälische Graupensuppe
21. Oktober 2015 um 10:25
Als Kind war Graupensuppe mein absoluter Horror! Nach der Schule habe ich oft bei meiner Oma gegessen und wenn ich schon im Flur diesen “verdächtigen” Geruch wahrgenommen habe, war mir schon die Laune verdorben. 😀 Jetzt, viele Jahre später, könnte ich mir aber tatsächlich vorstellen, dass sie mir schmeckt. Verrückte Welt. 😉 Vielleicht teste ich bald also mal dein Rezept. 🙂
Danke und Gruß,
Dennis