Das Warten hat sich gelohnt. Jetzt ist es soweit. Der Bericht über eine ungewöhnliche Seereise geht online. Ungewöhnlich, weil etwas nie Dagewesenes passiert ist: Der Käpt’n blieb mit Kind und Hund zuhause! Aber der Reihe nach…
Mittwoch, 22. Juni 2016
Zu Anfang der jährlichen Segeltour steht wie immer der Einkauf im Nah- & Frisch-Markt bei Volker Clausen. Im vergangenen Jahr hatten wir die glorreiche Idee, die Lebensmittel direkt im Supermarkt nach Tagen sortiert in Kisten zu verpacken, um die Sucherei an Bord zu minimieren. Womit wir nicht gerechnet hatten: als die fertig gepackten Kisten im Lagerraum zur Abholung bereit standen, störte sich ein eifriger Mitarbeiter daran, dass viele Kisten nur halb gefüllt waren. Flugs wurde zusammengepackt, was sich zusammenpacken ließ, die Anzahl der Kisten wurde deutlich reduziert – ist doch viel praktischer….
Diese Art von gut gemeinter Hilfe sollte nicht wieder vorkommen. Das haben wir erfolgreich verhindert! Alles klappte nach Plan, und pünktlich um 19:00 Uhr trafen die Lebensmittel und Getränke in Kappeln ein. Außerdem mit dabei: 30 Liter Westfälische Graupensuppe. Nach dem Abladen und (seefest) Verstauen sollte es zum gemütlichen Teil übergehen. Die bemerkenswerte Irish-Folk-Gruppe Drumchapel Mist gab ein Konzert für die Mitsegler und Freunde. Dazu besagte Graupensuppe, was vor allem den Multiinstrumentalisten der Gruppe (Ingo) in Verzücken setzte. Vier Teller hat er nach eigenen Angaben geschafft!
Donnerstag, 23. Juni 2016
Pippilotta ist startklar. Bisher war alles gelaufen wie immer. Käpt’n Hartwig und seine Frau Bine waren am Vorabend dabei. Begrüßung. Alles wie immer. Kurz vor der Brückenöffnung rollt auch heute, wie immer, der alte weiße Volvo vor. Hartwig und Bine sind endlich da, und es wird auch langsam Zeit, denn gleich wird die Brücke geöffnet. Und irgendwie merken alle, dass heute irgendetwas anders ist. Beim Ablegen wird es dann allen klar: wir fahren ohne den Käpt’n!
Zum ersten Mal in seinem Leben wirft Hartwig die Leinen seines Schiffes los… und bleibt mit Hund und Kind an Land! Aber keine Sorge, wir sind in guten Händen. Schließlich hat Bine alle erforderlichen Befähigungen um das “Grüne Ungeheuer”, wie das Schiff in Seglerkreisen schon mal liebevoll genannt wird, durch die Ostsee zu bewegen: 43,5 m Länge, 586 qm Segelfläche, 360 t Verdrängung und ein Diesel mit 425 PS.
Unterstützt wird Bine von Bootsfrau Liv – hier bei der Sicherheitsunterweisung. Auch wenn Liv wie Bine das Patent besitzt, kann es nur eine Kapitänin geben. Deshalb ist Liv diesmal Bootsfrau.
Gebannt lauschen wir Livs Ausführungen. – Man beachte bitte das Brillenband: Das habe ich von den Mitseglern (Danke dafür!) geschenkt bekommen, damit so ein Malheur wie letztes Jahr nicht wieder vorkommen kann. 😉
Und wie jedes Jahr: Hans und sein Dudelsack. Ablegen und Anlegen sind ohne Dudelsackmusik nich denkbar…
Sobald wir die Schlei verlassen haben, werden die Segel gesetzt und wir nehmen Kurs auf Marstal. Den Roman “Wir Ertrunkenen” von Carsten Jensen kann ich an dieser Stelle jedem ans Herz legen, der mehr über die Geschichte von Marstal, wo die berühmten Marstal-Schoner gebaut wurden, erfahren will.
Seefahrt macht hungrig; Matjesbrötchen stillen den Hunger…
Apropos Hunger. Zwei unserer Mitsegler hatten die verwegene Idee, einen fränkischen Abend zu veranstalten. Gesagt, getan, die beiden haben fränkisches Bier, Kloßteig und Schäufele direkt aus Franken importiert. Dazu sollte es Rahmwirsing geben. 30 Personen an Bord. Auf obigem Foto liegen 20 Schäufele in zwei Reihen; mit der dritten Reihe ist das Blech bis auf den letzten Quadratzentimeter ausgereizt. 12 kg Schäufele, dazu das Gemüse, etwas Flüssigkeit und nicht zuletzt das recht massive Blech: das dürften ca. 18 kg Gesamtgewicht sein. Bis dahin alles Maßarbeit. Der Plan war, die Schäufele wie im Bild zu sehen in den Ofen zu geben, um sie nach der halben Garzeit zu wenden, damit dann die bereits gegarte Schwarte schön knusprig wird. Daraus sollte aber nichts werden. Die Führungsschienen für das Blech waren den hohen Anforderungen nicht gewachsen, das Blech rutschte heraus, der Saft ergoss sich in den Backofen. In einer heldenhaften Rettungsaktion konnte das Blech bei 200° Hitze soweit fixiert werden, dass das Fleisch in Ruhe zuende garen konnte, aber an’s Wenden hat sich niemand mehr herangetraut.
So mussten wir auf die Kruste verzichten. Geschmeckt hat’s allen trotzdem hervorragend. Zum Nachtisch: Quark-Mascarpone-Creme mit frischen Erdbeeren.
Zum Ausklang dieses ersten Segeltages gab es ein Gewitter – ein Naturschauspiel erster Güte! Leider hat niemand es geschafft, die bizarren Blitze fotografisch festzuhalten. Schade!
Freitag, 24. Juni 2016
Von Marstal soll es weitergehen zur kleinen Insel Lyö. Wer den Bericht vom letzten Jahr gelesen hat, wird feststellen, dass wir schon im letzten Jahr dort waren. Also, es verhält sich so: Eigentlich sind wir jedes Jahr einmal auf Lyö. Die Dänische Südsee ist nun mal nicht so groß, und mit einem 45-Meter-Schiff kann man nicht überall mal eben festmachen. Auf dem Weg dorthin gibt es viel zu tun. Schließlich ist das legendäre Käptn’s (Kapitänin’s ??? – wir lassen das mal…) Dinner angesagt. Vitello tonnato, Melanzane alla Cantanzara, Ochsenschwanzragout mit Tagliatelle und Herrencreme mit Safranbirne stehen auf dem Programm. An die Arbeit, Männer…
Das Ochsenschwanzragout kann jetzt vor sich hin schmoren. Arbeit wird es nochmal geben, wenn das Fleisch von den Knochen gelöst werden muss. Langsam schreitet die Zeit voran. Es wird letzte Hand an die Melanzane gelegt…
Zwischdurch Backschaft – der ganz normale Wahnsinn in der Pippilotta-Kombüse
Vitello tonnato. Der Musterteller.
Der Teil der Mannschaft, der nicht in der Kombüse beschäftigt war, nahm die Gelegenheit zu einem Inselrundgang und zu einem Besuch beim Insel-Kaufmann wahr. Dort werden auch alkoholhaltige Getränke ausgeschenkt. Unter anderem “Fiske”, ein Kräuterschnaps, der in Reagenzgläsern verkauft wird. Nach der Einnahme eines oder mehrerer Aperitifs wurden alle freundlicherweise vom Kaufmann mit dem Kühltransporter zurück zum Schiff gebracht 🙂
Inzwischen ist angerichtet.
Trrrrrrrrommelwirbel! Hier sehen wir erstmals die Käpitänin, in Schale, zum Käptn’s Dinner ohne den Käpt’n! Daneben Fiete. Guckt, als sei er ihr Adjutant…ist er aber nicht!
Herrencreme und Safranbirne zum Dessert…
Soweit der Freitag. Eigentlich sollte auf das Menü wie im Vorjahr ein Whisky-Tasting (natürlich wieder mit Herrn Lüning) folgen. Es erschien uns vernünftig, davon Abstand zu nehmen und die Probe lieber auf den nächsten Abend zu verschieben. Der Rest des Abends verlief dann bei Wein und Bier ohne besondere Vorkommnisse.
Samstag, 25. Juni 2016
Grau und verhangen präsentiert sich der Samstag. Zeitweise regnet es. Aber wir müssen weiter – nach Sonderburg.
Bei gutem Wetter ist dies eine der schönsten Ecken der Dänischen Südsee: der Als Sund. Aber heute freuen wir und auf die Ankunft in Sonderburg. Im Hintergrund sieht man schon die Brücke. Kurz danach kommt die Klappbrücke.
Angekommen. Kurz nach uns kommt die Fortuna und geht längsseits. Das kleine blaue Schiff hinter der Pippilotta ist übrigens die Bodil, auf der ich letztes Jahr die Haikutterregatta mitgefahren bin.
In der Zwischenzeit haben wir natürlich gearbeitet. Statt des traditionellen Grillabends soll es heute Burger geben. Pulled Pork haben wir auf dem Herd etwas improvisiert. Das hat ganz gut geklappt. Hier kann man es sehen. Dazu gehört unbedingt eine BBQ-Sauce, die wir unterwegs natürlich auch gekocht haben. Und Coleslaw. Haben wir auch gemacht!
Weiterhin haben wir keine Mühen gescheut und im mitgebrachten Fleischwolf ein Stück Rinderhüfte zu Hackfleisch für Patties verarbeitet. Das Burger-Relish aus Cheddar, Gurken, Tomaten und Zwiebeln hat sich als sehr praktisch erwiesen. 30 Burger sind damit relativ schnell gemacht.
Über dem Grill hängt die große Regenplane; wir sind für alles gerüstet und lassen uns den Spaß nicht verderben!
60 Burger. 30 mit Pulled Pork, BBQ-Sauce und Coleslaw, 30 mit Rindfleisch und Burger-Relish – das reicht aus, um 30 Leute pappensatt zu machen! Und dann kommt das verschobene Whisky-Tasting gerade recht.
Dalwhinnie 15 yo, Highland Park 12 yo, Springbank Ten, Bowmore 12 yo und Laphroaig Quarter Cask. In dieser Reihenfolge. Zwischendurch jeweils eine musikalische Einlage von Hans und Fiete. Die Überraschung an diesem Abend: auch Liv stellte ihre musikalischen Fähigkeiten unter Beweis. Ein schöner Ausklang nach diesem Regentag.
Sonntag, 26. Juni 2015
Start in Sonderburg. Kurs auf Schleimünde. Bestes Wetter. Nach dem Verlassen des Hafens der Blick auf die Düppeler Schanzen: sehr geschichtsträchtig!
Noch einmal kommt der große Suppentopf zu Ehren. Es gibt als letzte Mahlzeit auf diesem Törn eine Minestrone. Vegetarisch – aber mit viel Parmesan.
Und kaum ist die Suppe alle, erreichen wir Schleimünde. Ein Stückchen weiter zeigt sich das Fischerdorf Maasholm mit seiner riesigen Marina von seiner schönsten Seite.
Kurze Zeit später erreichen wir Kappeln. Wie jedes Jahr folgt das Verlesen des Bordtagebuchs, was immer für viel Heiterkeit sorgt. Das Schiff wird aufgeräumt, entladen, und dann natürlich das oblgatorische Gruppenfoto.
Die Reise ist zuende. Dass dies die erste Fahrt ohne Hartwig war, erfahren wir erst jetzt. Im nächsten Jahr wieder. Mit oder ohne den Käpt’n. Der Termin steht: 04. bis 10. September 2017.